Mit Schaufeln in den Händen marschieren die Kinder zu den noch nicht bepflanzten Beeten. Vorfreude liegt in ihren Schritten. Heute müssen sie nicht mit langweiligem Spielplatzsand „arbeiten“, sondern dürfen dunkle Erde durchwühlen. „Mama, darf ich mich dreckig machen?“, fragt der Große zögerlich. Nachdem ich mein „Okay.“ gebe, werden die Socken abgeworfen und die Buddelwerkzeuge in den Boden gerammt. Der Boden ist heute trocken – staubtrocken, um genau zu sein. Man sieht ihm den Wassermangel der letzten Wochen an. Wie dunkler Kakaostaub legt er sich auf die Kleidung meiner Kinder.
Während sie am Element Erde kratzen, hänge ich Wäsche auf und meinen Gedanken nach. Im Alltag schwanke ich oft zwischen zwei Extremen: Einerseits fühle ich mich schnell überfordert, komme rasch an meine Belastungsgrenzen, sehne mich dann nach Ruhe, andererseits fühle ich mich aber auch oft unterfordert, bin gelangweilt, sehne mich nach Abwechslung – weniger Trockenheit. Zwischen diesen beiden Polen befindet sich ein schmaler Grad Komfortzone/ Glückgsgefühl.
Als ich in einem Buch über Hochsensiblität von dieser Gegensätzlichkeit im Erleben eines Hochsensiblen las, da fühlte ich mich sehr verstanden. Im Alltag verstehe ich mich selbst jedoch oft nicht. Es müsste mich doch glücklich machen, meinen Kindern stundenlang beim Spielen zuzuschauen und sollte mich nicht langweilen und wenn die beiden wieder einmal eine heftige Auseinandersetzung austragen, dann sollte mich das doch nicht so schnell aus der Bahn werfen.
Doch lerne ich damit zu leben – es anzunehmen und viel mehr die Momente wahrzunehmen, in denen sich der Boden perfekt anfühlt. Im Alltag mit meinen Kindern sind das die Zeiten, in denen wir gemütlich auf der Couch kuscheln und ein Buch lesen, oder lachend durch den Flur rennen. Bin ich von Erwachsenen umgeben, dann erfüllen mich tiefe Gespräche über Gott und die Welt.
Ja, das Leben fühlt sich manchmal extrem trocken an und manchmal so matschig wie von Regengüssen durchweichte Erde. Auch wenn ich einen angenehm kühlen, leicht angefeuchteten Boden bevorzuge, so weiß ich doch zu schätzen, dass ich befähigt wurde, all diese Unterschiedlichkeit zu spüren – denn das zeigt mir, dass ich lebe! Also buddelt weiter, meine Kinder, und nutzt auch die staubtrockene Erde für euer Spiel!
Wer von euch kennt diesen Balanceakt zwischen den Extremen?