Kerzenscheingedanken: Meine Oma und die Thermostrumpfhosen oder: Eine Typologie des Schenkens


Weihnachten ist unweigerlich mit Geschenken verbunden. Selbst in den Familien, in denen man sich eigentlich nichts schenken möchte, wechselt doch oft eine Kleinigkeit (und wenn es nur eine Süßigkeit oder eine Karte ist) den Besitzer. Unter uns Geschwistern hat sich in den letzten Jahren das Wichteln etabliert. Vorher war bei uns nie so richtig geklärt, wie wir das als Geschwister mit dem Schenken handhaben. Jetzt wird jeder mit einem Geschenk bedacht und jeder muss nur ein Geschenk besorgen. Über die Jahre ist mir immer mal wieder aufgefallen, wie unterschiedlich Menschen schenken, selbst innerhalb einer Familie und heute kam mir die Idee einer Schenker-Typologie (natürlich ohne jeglichen wissenschaftlichen Anspruch). Mal sehen, ob ihr euch in einem oder mehreren der Typen wiederfinden könnt.

Der erste Typ kann eigentlich gar nicht als Schenkender bezeichnet werden, denn sein Schenken geht gegen Null. Ich nenne ihn den Ich-bin-genug-Typ. Mein Mann formuliert es manchmal so: „Meine Anwesenheit ist doch das größte Geschenk.“. Die Motive, wieso dieser Typ nichts schenkt, sind sehr unterschiedlich: Entweder hat er vergessen, etwas zu besorgen, zu wenig materielle Mittel zur Verfügung, oder hat ein Blackout bei der Frage, was man denn schenken könnte. Letzteres ist mir schon häufiger passiert. Natürlich kann er auch aus Überzeugung den Geschenkewahn boykottieren. Am Ich-bin-genug-Typ schätze ich, dass er sich und auch andere mit seinem Verhalten von gängigen Konventionen befreit. Er nimmt mir den Druck, immer und jedem etwas zu schenken. Jedoch muss er auch aushalten können, dass manche aufgrund des fehlenden Geschenks enttäuscht sein werden.

Ganz anders Typ Nummer zwei, der Ich-kauf-dir-die-Welt-Typ. Seine Geschenke kennen kein Limit (vor allem preislich). Da steht dann Weihnachten schonmal überraschender Weise ein Klavier im Wohnzimmer. Liebe und Wertschätzung zeigt sich für ihn darin, dass er große oder möglichst alle Wünsche der anderen Person erfüllt. Positiv hervorheben möchte ich die große Freigiebigkeit dieses Typs. Er ruft staunende Augen hervor, sollte aber seine Finanzen nicht gänzlich vergessen, um auch im nächsten Jahr über die Runden zu kommen. Sein reiches Schenken kann auch eine überhöhte Erwartungshaltung beim Beschenkten hervorrufen.

Der dritte Typ eskaliert beim Schenken nie: Der Gerechte-Schenker. Ihm ist es wichtig, dass niemand der Beschenkten bevorzugt oder benachteiligt wird bzw. sich so fühlen könnte. Deshalb legt er lange vor dem Fest ein Budget für jeden zu Beschenkenden fest. So erhalten z.B. alle Kinder Geschenke im gleichen Wert. Sollten die besorgten Geschenke nicht das Budget ausreizen, wird eben noch etwas Kleines dazugekauft, oder zusätzlich Geld verschenkt. Am Gerechten-Schenker bewundere ich, dass er die Gruppe im Blick hat. Er denkt nicht nur an einen einzelnen, sondern möchte, dass Beziehungen durch unterschiedlich wertvolle Geschenke nicht belastet werden. Ihm fehlt jedoch Flexibilität. So kommt er in Gewissenskonflikte, wenn z.B. eins der Kinder ein über dem Budget liegendes Geschenk wirklich benötigt (z.B. Musikinstrument) und er gleichzeitig nicht das Budget aller Kinder anheben kann.

Finanzen stehen nicht im Fokus des Individuell-Kreativen-Typs. Er zielt darauf, den anderen mit einem persönlich hergestellten Geschenk emotional zu berühren. So bastelt er z.B. Dekoartikel, kocht Marmelade ein und gestaltet in vielen Stunden Präsente. Ein Geschenk fertig im Laden zu erstehen, erfüllt ihn nicht mit der gleichen Freude, wie ein Päckchen mit selbst erzeugtem Inhalt zu überreichen. Ich bin immer ein bisschen neidisch auf diese begabten Schenkenden, ihre Kreativität und die Individualität. Doch benötigt man für diese Geschenke einiges an Zeit und sollte auch immer reflektieren, ob sie dem Empfänger wirklich Freude bereiten.

Der letzte Typ, den ich kenne, ist der Nummer-sicher-Schenker. Seine Geschenke sind nicht sehr außergewöhnlich, dafür geht er nicht das Risiko ein, etwas „Falsches“ zu schenken. Beim Schenken zählt für ihn mehr die Geste, als der Inhalt. Sollte er etwas mutiger sein, dann wählt er einen Gutschein. Ist er das nicht, dann gibt er Geld, von dem man sich selbst etwas kaufen soll. An vielen Weihnachtsfesten überreichte mir meine Oma so ein verpacktes Geschenk, dessen Inhalt ich schon einmal in den Händen gehalten hatte. Besagte Oma kann noch einen weiteren Tipp fürs Nummer-sicher-Schenken mit euch teilen. Schenkt doch einfach jedes Jahr das Gleiche. Wunderbar geeignet hierfür sind Thermostrumpfhosen für die Damen, oder Duschbäder für die Männer. Das eine bekommt irgendwann Löcher, das andere wird aufgebraucht und nach einem Jahr freuen sich alle wieder über das gleiche Geschenk. Wieso kompliziert, wenn es auch einfach geht? Die Nummer-Sicher-Geschenke meiner Oma waren meist wirklich sehr nützlich und schüren keine falschen Erwartungen an das nächste Jahr. Gleichzeitig wünsche ich diesem Typen etwas mehr Mut und Risikofreude, um andere überraschen zu können

Doch egal, was, wie, oder ob ihr schenkt, einem Herzen voll Liebe kann niemand wiederstehen.

P.S. Konntet ihr euch irgendwo wiederfinden?
P.S.S. Aus psychologischer Sicht kann man Schenkende wie folgt einteilen http://psychologie-news.stangl.eu/69/typologie-des-schenkens
P.S.S.S. an meine Oma: Nochmal Danke für die Thermostrumpfhosen. Auch am heutigen Wintertag halten sie meine Beine wunderbar warm. ?


2 Kommentare

  1. Hehe… sehr coole Sammlung an Schenker-Typen.
    Ist es komisch, wenn man probiert, von allen Typen das Mittelmaß zu finden und man sich dehalb nicht richtig einordnen kann? 😀

    • Manuela Hübler

      Eine Reinform eines Typs lebt wahrscheinlich niemand. Man tendiert abhängig von der Persönlichkeit nur eher in die eine oder andere Richtung. Mittelmaß ist im Alltag meist der beste Weg. 🙂

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