Gestresste Mama. Oder, wie ein Vierjähriger einen Umzug erlebt.


Bist du gestresst, Mama? Wie oft hat mein großer Sohn in letzter Zeit diese Frage an seine Hauptbezugsperson gerichtet? Zu oft. Und fast immer musste ich mit Ja antworten. Schon zeitig in seinem Leben war der Große sensibel für die Emotionen anderer. Insbesondere dann, wenn andere traurig wirken, reagiert er darauf. In den letzten Wochen war ich weniger traurig als innerlich sehr angespannt und gereizt. Gestresst fasst es schon sehr gut zusammen. Wie mein Sohn das erspüren konnte? Wegen Kleinigkeiten wurde er in einem genervten Ton angemeckert. Hinzu kam, dass ich viel weniger Zeit zum Spielen hatte als sonst. Immerzu musste ich Kisten packen. Mal hörte er: „Lass mich bitte noch das und das in die Kiste räumen, dann komme ich zum Spielen, okay?“ Oder leider häufig: „Kannst du dich nicht allein beschäftigen? Ich muss vorankommen. Lass mich in Ruhe.“  Ich würde gerne all die Male rückgängig machen, in denen ich in den vergangenen Wochen ungerecht oder unsensibel mit meinen Kindern umgegangen bin. Doch oft entschärfte der Große die Situation, indem er fragte, ob ich denn gestresst sei, mir auf diese Weise einen Spiegel vorhielt und mir half, mich wieder etwas runterzufahren. Umzug für einen Vierjährigen heißt also leider: eine Mama im Ausnahmezustand.

Ganz allgemein versteht der Große unter Umzug das Einpacken aller Dinge, das Verlassen der alten Wohnung, das Einziehen in eine neue Wohnung und das Kennenlernen neuer Menschen. So haben wir es ihm erklärt. Erst wusste ich nicht so recht, ob das bei ihm angekommen war. Doch irgendwann fing er von sich aus an, mit seinen Puppen „Umzug“ zu spielen. Dafür wurden Figuren zu Umzugshelfern, die alle Möbel des Puppenhauses in den Muldenkipper stapelten, dann eine Weile herumfuhren und es in einem neuen Haus wieder abluden. Ja, das Prinzip Umzug hatte er verstanden. (Vom Muldenkipper abgesehen.)  Als er dann noch in ein Freundebuch unter der Frage „Was spielst du am liebsten?“ „Umzug“ antwortete, da schmunzelten wir und wussten, dass Umzug für ihn auch ein Spiel darstellte.

Meinem Mann und mir war es sehr wichtig, dass unsere Kinder den kompletten Wohnungswechsel miterleben konnten. Es ist für Kinder aus psychologischer Sicht von Vorteil, wenn sie beim Umzug anwesend sind und ihn proaktiv gestalten können. Da uns das seelische Wohl der Kinder enorm viel bedeutet, war das also festgesetzt. Der Sohn durfte deshalb Kisten befüllen, am Umzugstag im Lastwagen mitfahren und beim Möbelaufbau helfen. Wir ließen ihn sogar den Blauton für das Spielzimmer auswählen. Ich, der Wandfarben-Nerd der Familie, hätte den Blauton zwar mit einem leichten Graustich versehen, doch, dass der Sohn jedem, der es hören möchte, stolz erzählt, dass er die Farbe im Baumarkt ausgesucht hat, versöhnt auch mich mit dem Ergebnis. Umzug hieß für ihn somit auch – mitmachen.

Apropos Lastwagen fahren. Welcher Vierjährige ist schon einmal mit seinem Opa in einem Siebeneinhalb- Tonner gefahren und durfte die Laderampe hoch und runter bewegen? Unser Sohn hat es miterlebt und fand es super. Es bedurfte zwar einiger Gespräche bis er mutig genug war, allein mit dem Opa das große Gefährt zur neuen Wohnung zu bringen, doch dann war die Fahrt und damit auch der Umzug ein großes Abenteuer. Abenteuerlich und neugierig wurde auch gleich die neue Wohnung auf Klettertauglichkeit und Spieleignung überprüft. Dass der für Mama und Papa gebaute begehbare Kleiderschrank eine super Aussichtsplattform für den Großen bietet, war uns vorher nicht in den Sinn gekommen, doch freuten wir uns darüber. Zerlegte Möbelstücke eignen sich übrigens auch super zum Spielen und auf dem Hof des Hauses kann man so wunderbar herumdüsen. Ja, der Umzug eröffnete für unseren Jungen auch neue (Spiel-)Welten.

Und was ist mit der gestressten Mama? Die hat sich in den letzten Tagen etwas beruhigt und antwortet jetzt wieder häufiger: „Was möchtest du denn spielen? Umzug?“.


2 Kommentare

  1. Daniela Ne

    Liebe Manu,
    so schön beschrieben. Toll dass es am ende doch so gut geklappt hat bei euch. Gott hat es gesegnet und wird es weiterhin, in voller Güte tun. =)
    Und ist es nicht schön und rührend zu sehen, dass die Kleinen all den Stress und diese gravierenden Veränderungen einfach mit ein bisschen Lego und Playmobil fantasievoll verarbeiten können?! <3

    • Liebe Dani,
      ich bin auch ganz begeistert, wie Gott B durch diese aufregende Zeit getragen hat. Und er wird unsere Kinder auch weiter da umsorgen, wo wir es nicht leisten können. Sehr tröstlich zu wissen.
      Ganz liebe Grüße an dich und deine Lieben

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